In Zeiten der Krise “deren Namen nicht mehr genannt werden darf” könnte man denken das Werte wie Zusammenhalt und Verständniss eigentlich in unserer schnelllebigen und kapitalistischen Gesellschaft wieder mehr an Bedeutung gewinnen. Aber leider ist genau das Gegenteil der Fall und auch ich in meinem Umfeld, mache mir aktuell über viele Dinge so meine Gedanken und leider muss man die Tage öfter feststellen das sich jeder selbst am nächsten ist und war vor “Corona” noch alles “Friede, Freude, Eierkuchen” so beginnt nun langsam aber sicher wieder eine Zeit des “Verdrängungswettbewerbes” wie schon in den 80er und 90er Jahren, was ich als sehr traurig empfinde…
Fehlende Wertschätzung – das Problem sitzt tiefer…
In Zeiten von Corona und vielen Soforthilfeprogrammen der Länder und des Bundes bekommt man oberflächlich schnell das Gefühl “Alles gut”. Dem ist aber nicht so denn die ganzen Soforthilfeprogramme sind für Künstler die ja auch meist Soloselbstständige sind, einfach undurchdacht und gehen an der Realität vorbei. Denn wie ich schon in einem anderen Blogpost geschrieben habe, können von allen Programmen, speziell in Bayern, die Betroffenen, keinen Cent für den Lebensunterhalt verwenden. Und da man als Soloselbstständiger Künstler ja soviel Betriebskosten hat, fällt hier fast jeder durchs Raster der sich nicht bis über beide Ohren mit Leasingverträgen (welche auf das “Geschäft” laufen = Betriebskosten) verschuldet hat…
Auf das hier nachgebessert wird warten wir in Bayern schon seit geraumer Zeit und ich denke das hier auch nicht mehr viel passieren wird, außer das wir alle in HartzIV/ALGII gedrängt werden und uns dann wenn es beginnt langsam wieder anzulaufen, dann mit Jobangeboten und Fortbildungsmaßnahmen herumschlagen dürfen. Außerdem wenn man etwas verdienen sollte in der Zeit, in der man schon in ALGII steckt, wird einem alles abgezogen bis auf den Freibetrag den man dazu verdienen darf. Hier wäre es doch das einfachste diesen Freibetrag anzuheben, damit man nicht komplett am Existenzminimum, wie in einer Stadt wie München, als Künstler leben muss. Nö Nö Nö das geht natürlich nicht, denn hier stockt/verlängert man lieber das Kurzarbeitergeld auf und das hat auch mit der fehlenden Akzeptanz von Kunst, Kultur und Musik zu tun.
Alleine die Aussage von Frau Merkel, als Sie ein klares Nein zu den Eurobonds gegeben hat, lässt mich aufhören und spiegelt die generelle Wertschätzung dieses wichtigen Zweiges der Gesellschaft wieder. “Deshalb solle sich die Bundesregierung auf zentrale Bereiche der Wirtschaft konzentrieren, statt immer neue Versprechen zu machen. Wenn etwa auch Künstler mit Steuergeld gerettet werden sollten, werde man dies in Spanien und Italien vermerken und darauf verweisen, dass Deutschland offensichtlich über genug Geld verfüge.” Hoffnungserstickende Worte und ein Schlag mit der Faust ins Gesicht jeden Künstlers der in der aktuellen Situation, nicht nur mit einem Berufsverbot zurecht kommen muss, sondern auch keinerlei Wertschätzung für seine bisherige Arbeit erhält, in dem Ihm unbürokratisch geholfen wird in einem Rahmen der überschaubarer wäre als das retten von Konzernen die lieber in Steueroasen Ihre Liquidität Managen…
Fehlende Wertschätzung in der Politik – nicht nur dort…
Jeder geht gerne mal aus, auf ein Konzert, auf ein Event oder auf eine Party (außer Hr. Söder, der tanzt lieber mit seiner Partnerin alleine zu Hause…) aber nur wenigen ist eigentlich bewusst was an Arbeit dahinter steckt um Gästen einen tollen Abend zu bescheren. Ich gehe hier nicht ins Detail was es alles bedeutet als hauptberuflicher DJ unterwegs zu sein und was alles an Arbeit damit verbunden ist, aber dennoch wird im “Volksmund” immer gerne der Spruch gebracht “das ist doch keine richtige Arbeit, oder machst Du noch was normales..?” oder auch gerne genommen “kann man davon überhaupt Leben..?” oder “das ist doch Spaß, das ist keine Arbeit”…
Die Sätze und noch viele andere höre ich nun schon seit über 17 Jahren und darüber hinaus, denn seit nun mehr 17 Jahren bin ich als hauptberuflicher DJ unterwegs und ich kann und konnte b.C. (bevor Corona) davon Leben. In anderen Bereichen und Thematiken würde man für ähnliche Sprüche/Kommentare gesteinigt, erschossen oder durch die Sozialen Medien gezogen, bis der Shitstorm einem zum Hals rauskommt. Aber nicht so im Bereich Musik/DJ, da ist es anscheinend “salonfähig” blöde Sprüche und Witze darüber zu machen, denn man ist ja als DJ sowieso der “Spaßvogel”, etc. was wieder rum sehr gut widerspiegelt wie wenig Wertschätzung es eigentlich in der Gesellschaft für Beruf der Bereiche Kunst, Kultur und Musik gibt… (Bester Spruch in Corona Zeiten: “Ach geh doch in HartzIV oder such Dir mal einen richtigen Job” – Danke ich hab einen Job, den ich lieb und der mir Spaß macht)
Ein aktuelles Beispiel zeigt das man als Soloselbstständiger der Kunst, Kultur und Musik, ein Mensch unterster Klasse ist. Nicht nur das man in München als Soloselbstständiger sowieso keine Wohnung zur Miete findet die bezahlbar ist und die man dann auch noch bekommt, (über 10 Jahre suchen meine Partnerin und ich nun schon eine größere Wohnung, mal mehr intensiver mal weniger, aber keine Chance wenn man nicht Angestellt ist und ein oberes bis mittleres, fünfstelliges Jahreseinkommen hat) außerdem war es meiner Vermieterin nicht bewusst, das ich in den ersten drei Monaten der “Krise” meine Mietzahlungen hätte stunden lassen können, was ich nicht tat, denn eben so wie ich hat auch sie ein kleines Unternehmen und ich war hier fair und Verantwortungsbewusst genug, hier meine Miete nicht stunden zu lassen. Aber wie es häufig so ist Undank ist der Welten Lohn und wenn man dann die Leute darauf aufmerksam macht, was man hätte tun können, von Seiten der Gesetzgebung her, wird man auch noch blöd angeredet… Tja da war ich mal wieder selbst schuld und immer noch naiv genug zu glauben das es noch Menschlichkeit gibt…
Fehlende Wertschätzung – es geht noch tiefer…
Da ich als DJ ja auch z.b. auf Hochzeiten spiele bin ich hier mit der Hochzeitsbranche vertraut und weiß wie welche Mechanismen funktionieren und eben auch nicht und wie in allen Branchen wird auch hier vieles weniger heiß gegessen als es gekocht wird. Wenn ich nach Empfehlungen gefragt werde aus diesem Bereich, ist es für mich wichtig das ich hier Leute und Firmen empfehle die Profis sind, eine tolle Arbeit abliefern und es Ihr Geschäft ist. Das heißt für Tischdeko/Blumen einen Floristen/in, für Essen einen Caterer, für Film und Foto einen Fotografen/in, Kuchen einen Konditor/in, etc. denn ich Supporte hier diejenigen die sich damit eine Existenz aufgebaut haben, meist einen Beruf dazu erlernt haben und sich spezialisiert haben und nicht die Oma die gut Kuchen backen kann, die Nichte die einen YouTube Make Up Kanal hat und deshalb gut schminken kann oder die Tante die im “Homegrowing” Bereich einen grünen Daumen hat…
Auch Serdar Somuncu, einer der bissigen Kabarettisten in Deutschland hat erst vor kurzem auf seinem Facebook Kanal seinen Unmut geäußert und es leider sehr treffend auf den Punkt gebracht: “Wir Künstler sind die Nutten der Anspruchslosigkeit. Wenn man uns gebrauchen kann, werden wir benutzt und bejubelt, wenn man auf uns verzichten kann, werden wir beschimpft und belächelt. Irgendwie ist das was wir tun verrucht, aber ganz verzichten will man darauf auch nicht. Weil das, was wir für diese Gesellschaft leisten doch elementarer ist, als man glaubt.” Dies drückt es sehr treffend aus und HIER kann man den ganzen Beitrag in Ruhe nachlesen…
Es geht ums Prinzip – Profi first…
Aber beim Thema Musik/DJ ist hier alles anders, was wahrscheinlich auch an der fehlenden Wertschätzung der anderen Gewerbetreibenden und Geschäfte Inhaber liegt. Denn bei Musik wird gerne mal die Phrase verwendet “kennst Du nicht jemanden der ein Instrument spielt oder nebenher bisschen Musik auflegen kann”. Da wird schon mal von anderen Dienstleistern gerne der nebenberufliche DJ empfohlen, weil man das musikalische Anforderungsprofil nicht kennt oder es dem Empfehledem einfach schlicht und ergreifend egal ist. Im Club Bereich ist es eher eine Frage des Preise, denn hier wird der am liebsten gebucht der für Getränke auflegt, aber auch hier gibt es zum Glück Ausnahmen. Ich werde in Zukunft auch einen Freund für das Catering empfehlen, denn er macht so tolle Spagetti und frei nach Tim Wälzers Motto “jeder kann kochen” oder ich kenn da eine super Sekretärin, die empfehle ich in Zukunft als Weddingplannerin, denn die hat damals Ihre eigene Hochzeit ja so toll organisiert… (#facepalm)
In meiner langen Zeit als DJ bei Hochzeiten, musste ich schon so manche schreckliche Gesangseinlage über mich ergehen lassen, weil man hier lieber eine “Hobby Band” beauftragt als das man den Ohren seiner Gäste etwas gutes tut, was natürlich aber auch Geld kostet. Und hier ist der zweite Knackpunkt, denn in Zeiten von Streaming Abos und “Music everywhere” versteht manch einer nicht was es eigentlich bedeutet Musik zumachen und davon zu leben, was im Endeffekt wieder dazu führt das die Wertschätzung für diese Art von beruflicher Tätigkeit gen Null geht…
Schuster bleib bei Deinen Leisten…
Natürlich gibt es auch Ausnahmen welche die Arbeit, das Üben, die Musikauswahl, die Performance und das Mixing wertschätzen. Und dieser kleinen Gruppe fällt auch die Qualität auf, die man sich als Profi jahrelang erarbeitet hat. Aber sie werden weniger, die diese Qualität erkennen und zu schätzen Wissen, denn durch unqualifizierte Empfehlungen wird hier ein ganzer Bereich qualitativ demontiert und in ein paar Jahren werden wir dann nur noch mit KI Generierten Playlisten feiern, die Fotografen und Filmer werden durch die Enkel der Kunden mit Smartphones ersetzt und jede Live Band hat nur noch Sänger die nur mit Autotune einen passenden Ton singen können. (oder soviel Technik mitbringen, die jeden Konzertveranstalter blass werden lassen und deshalb als Profis gelten) Ach ja und die ganzen Weddingplanner werden durch all die schönen Apps zum Hochzeit planen überflüssig, wenn begonnen wird, das man hier einen Zeitplan hinterlegen kann (in der App) der einen Device übergreifend an die nächsten Programmpunkte erinnert…
Wertschätzung wird n.C. (nach Corona) in den Bereichen Kunst, Kultur und Musik hoffentlich wieder wichtiger und an uns Künstler verstärkt weitergegeben, denn dies ist das was uns weitermachen lässt…
Kleine Anekdote am Rand und zum Schluss: In Zeiten der Flüchtlingskrise hatte ich des öfteren in meinem FB Newsfeed solche abwertenden Bemerkungen wie z.b. “Merkels Fachkräfte kommen” – “Merkels Fachkräfte nehmen uns die Jobs weg”, etc… Da ich selbst, in Deutschland als Österreicher, als Ausländer gelte bin ich schon seit Kindesbeinen sensibilisiert gegen über solcher Kommentare und Äußerungen und siehe da ein Großteil solcher Äußerungen kam nun leider mal von nebenberuflichen DJs die, nach Ihrem Denkschema, ja eigentlich mir die Arbeit wegnehmen. Dadurch das ich in jungen Jahren schon immer dem sogenannten Alltags Rassismus ausgeliefert war (scheiß Ösi, dummer Schluchtenscheißer, etc…) habe ich schnell gelernt “Believe in you, let Others talk”…